Mitgliedschaft

Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft Patientenanwälte“ können nur die Fachanwältin und der Fachanwalt für Medizinrecht werden, die bzw. der auf eine langjährige anwaltliche Tätigkeit im Bereich des Arzthaftungsrechts verweisen kann und sich schriftlich und glaubhaft bereit erklärt, lediglich auf Patientenseite tätig zu werden und die bzw. der sich für eine Verbesserung der Patientenrechte einsetzt.

 

Situation

Der erste Arzthaftungsprozess in Deutschland fand am 21. August des Jahres 1811 statt:

Die 21-jährige Luise hatte sich geweigert zu essen. Die junge Frau tobt, bis man sie in die Charité einliefert. Dort behandelt man sie auf Weisung des Arztes mit der "Sack-Methode nach Horn" - die Rasende wird zur Beruhigung in einen Sack gesteckt. Später findet man Luise darin leblos. Der Mediziner Dr. Ernst Horn wurde freigesprochen - Gutachter hatten bestätigt, dass der Sack den Zutritt von Atemluft nicht ausschließe.

Fehlhandlungen im ärztlichen Alltag, vor Gericht und vom Ärztestand offiziell als "Kunstfehler" bezeichnet, passieren immer wieder und überall. Implantate, eine neue Hüfte, ein frisches Knie? Alternative oder normale Technik in der Geburtshilfe? Ein jugendliches Gesicht? Noch nie wurden so viele Menschen behandelt, noch nie gab es vergleichbare medizinische Erfolge. Aber noch nie auch so viele Proteste von Patienten wegen vermeintlichem oder tatsächlichem ärztlichen Pfusch. Auch in der "Schönheitschirurgie" wächst nicht immer zusammen, was zusammen gehört.

Da es keine verlässlichen Statistiken gibt, gehen die Schätzungen von Schadensfällen im Arzthaftungsbereich weit auseinander. Von 4.000 Fällen, nach Angaben der Ärztekammern, bis hin zu 400.000 Fällen, nach Angaben von Patientenverbänden.

Die Zahl der zum Schadensausgleich gemeldeten Behandlungsfehler bei den Haftpflichtversicherern der Ärzte und ärztlichen Institutionen belief sich im vergangenen Jahr auf etwas mehr als 40.000. Die Anzahl der gestellten Anträge auf Einleitung eines Schlichtungsverfahren bei den Landesärztekammern auf ca. 11.200. Dabei ist ein deutliches Nord-Süd-Gefälle festzustellen. In Bayern werden etwa 18 %, in Norddeutschland hingegen 35 % der gemeldeten Fälle als ärztlicher Fehler anerkannt. Dies wird unter anderem auf unterschiedliche Verfahrenswege und Vorklärungen zurückgeführt. Seit 1999 hat sich die Zahl der Beschwerdeführer insgesamt verdoppelt.

 

Aktuelles

Der Kläger erlitt im Zusammenhang mit seiner Geburt einen schweren Gesundheitsschaden. Deswegen nahm er den behandelnden Gynäkologen, die Hebamme, eine Kinderkrankenschwester und den Träger des Beleg-Krankenhauses auf Schadensersatz in Anspruch.

Im ersten Teil des Verfahrens erging zum Anspruchsgrund ein rechtskräftiges Grund- und Teilendurteil des Oberlandesgerichts. In diesem wurde festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die dem Kläger „anlässlich und aufgrund der Behandlung durch die Beklagten nach seiner Geburt“ entstanden sind und noch entstehen werden. Im vorliegenden Verfahrensabschnitt ging es um die Höhe des dem Kläger zustehenden Schadensersatzes. Das Oberlandesgericht hat insoweit entschieden, dass sich aus dem vorangegangenen Grundurteil eine Bindungswirkung dahin ergebe, dass die Beklagten nur für die Schäden hafteten, die dem Kläger nach seiner Geburt entstanden seien. Insoweit sei der von den Beklagten verursachte Schadensanteil auf höchsten 20 % zu begrenzen.

Der u. a. für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Klägers zurückgewesen. In dem Grundurteil ist mit Bindungswirkung nur festgestellt worden, dass die Beklagten als Gesamtschuldner für die Gesundheitsschäden haften, die auf nachgeburtlichen Pflichtversäumnissen der Beklagten beruhen, die für die Gesundheitsverletzung des Klägers mitursächlich geworden sind. Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten auf dieser Grundlage rechtsfehlerfrei auf einen Haftungsanteil von 20 % begrenzt. Eine Mitursächlichkeit steht zwar haftungsrechtlich der Alleinursächlichkeit grundsätzlich in vollem Umfang gleich. Dies ist aber ausnahmsweise nicht der Fall, wenn feststeht, dass die Mitursächlichkeit nur zu einem abgrenzbaren Teil des Schadens geführt hat. Einen solchen abgrenzbaren Teil des Schadens hat das Berufungsgericht festgestellt. Die Beklagten haben danach den Nachweis erbracht, dass der größte Teil des Gesundheitsschadens nicht in dem Zeitraum entstanden ist, für den sie nach dem rechtskräftigen Grundurteil schadensersatzpflichtig sind, sondern zu diesem Zeitpunkt bereits vorhanden war. Während der Geburt war danach bereits ohne einen Behandlungsfehler ein irreparabler Gesundheitsschaden eingetreten, der durch Fehler bei der nachgeburtlichen Betreuung und Behandlung verstärkt wurde. Den während der Geburt schicksalhaft eingetretenen Gesundheitsschaden hat das Berufungsgericht nach sachverständiger Beratung mit einem abgrenzbaren Anteil von mindestens 80 % angenommen und demgemäß den Haftungsanteil der Beklagten rechtsfehlerfrei auf maximal 20 % beschränkt. Das Berufungsgericht konnte sich neben der Schätzung der Sachverständigen auf weitere konkrete Anhaltspunkte zur „medizinischen Unterscheidung der Schadensanteile“ stützen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen wäre der Kläger auch bei der gebotenen unverzüglichen Verlegung nach der Geburt in die Kinderklinik auf jeden Fall ein Pflegefall gewesen und für den Arbeitsprozess nicht in Frage gekommen. Er wäre nicht in der Lage gewesen, ein selbständiges Leben zu führen. Die mentale Beeinträchtigung hätte in jedem Fall auch bestanden. Aufgrund dieser Umstände war die Annahme eines abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Urteil vom 20. Mai 2014 – VI ZR 187/13

 

Grundsätzlich hat der Patient den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden nachzuweisen. Dabei ist zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität zu unterscheiden.

Erstere betrifft die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutverletzung als solche, also für den Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheitlichen Befindlichkeit. Insoweit gilt das strenge Beweismaß des § 286 ZPO, das einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit verlangt.

Die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität und damit der Ursächlichkeit der Rechtsgutverletzung für alle weiteren (Folge)Schäden richtet sich hingegen nach § 287 ZPO; hier kann zur Überzeugungsbildung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügen.

Die geltend gemachte Körperverletzung (Primärschaden) ist in der durch den behaupteten Behandlungsfehler herbeigeführten gesundheitlichen Befindlichkeit in ihrer konkreten Ausprägung zu sehen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Januar 2014 – VI ZR 340/13

 

190.000 offizielle Behandlungsfehler in deutschen Krankenhäusern, außerdem 19.000 Tote. Die AOK schlägt Alarm. Dazu erklärt der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch:

Berlin. "Alle Jahre wieder: Krankenkassen beklagen die hohe Zahl der Behandlungsfehler in Kran­ken­häu­sern. Wieder wird gezählt, wieder wird gerechnet und bedauert. Dabei stecken hinter den Zahlen leidende Menschen. Die Datenlage ist weiterhin dürftig. Wenn die Bundesregierung die Qualität zum Maßstab der Krankenhausfinanzierung machen will, dann müssen die Fakten aktuell und solide ermittelt werden. Auf das geplante Qualitätsinstitut kommt viel Arbeit zu. Sonst wird aus der Ankündigung ein Flop. Aber auch das wird aus Pa­tien­ten­sicht nicht reichen. Wir brauchen die Beweislastumkehr, weil bei Behandlungsfehlern die Leistungsanbieter nach wie vor alle Trümpfe in der Hand haben. Bis ein modernes Patientenschutzrecht eingeführt wird, muss ein Härtefallfonds über 200 Mio. Euro für die schlimms­ten Fälle her. Außerdem sollen Verstöße gegen die Pflicht zur Dokumentation min­des­tens als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldandrohung geahndet werden; Falschparken wird strenger bestraft als Manipulation an Patientenakten."

 

Arzt erkennt Schweingrippe nicht – keine Haftung
Erkennt ein Arzt trotz korrekter Untersuchung nicht frühzeitig, dass sein Patient an Schweinegrippe erkrankt ist, haftet er nicht. Auf ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juli 2013 (AZ: 3 U 26/13) weist die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Ein 39jähriger Mann suchte seinen Arzt auf, um sich wegen hohen Fiebers, Hustens und eines allgemeinen Krankheitsgefühls behandeln zu lassen. Der Mediziner diagnostizierte eine grippale Atemwegsinfektion und akute Bronchitis und verordnete Medikamente. Da sich die Beschwerden verschlimmerten, begab sich der Patient in der folgenden Woche noch weitere zwei Male zu dem Arzt. Zuletzt verordnete dieser ihm ein Antibiotikum und ein Beruhigungsmittel. Am Abend vor der letzten Behandlung hatte der Mann ein Krankenhaus aufgesucht. Dort diagnostizierten die Ärzte eine Lungenentzündung und wollten ihn stationär behandeln. Gegen ihren ausdrücklichen ärztlichen Rat verließ der Mann die Klinik jedoch wieder. Am Abend nach der letzten Behandlung bei seinem Arzt begab er sich dann erneut in ein Krankenhaus, wo er wegen einer Lungenentzündung aufgenommen wurde und wenige Stunden später für die Dauer von dann insgesamt rund fünf Wochen künstlich beatmet werden musste. In diesem Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte schließlich eine Infektion mit dem Schweinegrippevirus H1N1. Zu den Folgen der Erkrankung gehörten neurologische Ausfälle und eine mehrmonatige Krankenhausbehandlung mit anschließendem Reha-Aufenthalt.

Wegen fehlerhafter hausärztlicher Behandlung forderte der Mann von dem Arzt Schadensersatz, insbesondere ein Schmerzensgeld von mindestens 100.000 Euro. Er war der Meinung, der Arzt habe ihn unzureichend untersucht, fehlerhaft medikamentiert und es versäumt, ihn rechtzeitig in ein Krankenhaus einzuweisen.
Ohne Erfolg. Die Richter kamen nach Anhörung des medizinischen Sachverständigen zu dem Ergebnis, dass der Arzt seinen Patienten korrekt untersucht und behandelt habe. Auch dass der Mann bei seinem dritten Besuch sofort in ein Krankenhaus hätte eingewiesen werden müssen, sei nicht festzustellen. Lungenentzündungen, bei denen keine zunehmende Atem- oder Luftnot bestehe, würden in der Regel zu Hause behandelt. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei erst am Abend des Tages eingetreten, als sich der Mann zum zweiten Mal in die Klinik begeben habe. So sei auch die künstliche Beatmung erst nach mehreren Stunden seines Krankenhausaufenthaltes für erforderlich gehalten worden.
OLG Hamm, Urteil vom 20.07.2013, (AZ: 3 U 26/13)

 

Die Beweislastumkehr erstreckt sich bei einem groben Behandlungsfehler auch auf Sekundärschäden, sofern sich diese typischerweise aus der Primärverletzung ergeben können. Hinsichtlich sonstiger Sekundärschäden verbleibt es beim Beweismaß des § 287 ZPO.
OLG Köln, Urteil vom 27.06.2012, 5 U 38/10

Ein Behandlungsfehler ist als grob zu bewerten, wenn der Arzt eindeutig gegen gewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.
BGH, Urt. v. 25. Oktober 2011 - VI ZR 139/10 - OLG Frankfurt/Main LG Limburg

 

Darlegungs- und Beweislast bei Pflichtverletzung durch Unterlassen
BGH §§ 249, § 823 Abs. 1,ZPO § 286,

1. Besteht die Pflichtverletzung in einer Unterlassung, ist diese für den Schaden nur dann kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt regelmäßig der Geschädigte.

2. Die haftungsbegrenzende Rechtsfigur des hypothetischen Kausalverlaufs bei rechtsmäßigem Alternativverhalten kommt erst dann zum Tragen, wenn die Ursächlichkeit der durchgeführten rechtswidrigen Behandlung für den behaupteten Schaden festgestellt und mithin die Haftung grundsätzlich gegeben ist.
BGH, Urt. v. 7.2.2012 - VI ZR 63/11

 

Volle Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts über die Höhe der erstinstanzlichen Schmerzensgeldbemessung
ZPO §§ 513, 529, 546

Im Berufungsrechtszug hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachengrundlage in vollem Umfang (auch) darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie (nur) für vertretbar, letztlich aber – bei Berücksichtung aller sachrelevanten Gesichtspunkte – für nicht überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen auf einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag erkennen; insoweit kommt dem Berufungsgericht eine uneingeschränkte (volle) Prüfungskompetenz zu.
Thüringer OLG, Urt. v. 26.7.2011 - 4 U 13/11

 

Zu Aufklärungspflichten und regelrechtem Vorgehen bei der Tonsillektomie
BGBG §§ 276, 280, 823

Ein Arzt hat einen Patienten nicht unbedingt über die Dauer einer Operation aufklären (hier: Tonsillektomie mittels örtlicher Betäubung oder Vollnarkose). Dies gilt vor allem dann, wenn sich die Operation bei unterschiedlichem Vorgehen nur um Minuten verzögert.
OLG Koblenz, Beschl. v. 7.4.2011 - 5 U 1190/10

 

Zur Frage der Verjährung von Schadensersatzansprüchen
BGB §§ 195, 199, 280, 823

1. Zur Frage der Verjährung von Schadensersatzansprüchen aufgrund von ärztlichen Behandlungsfehlern (hier: Kenntnis von alternativen Untersuchungsmethoden wie Mammographie und Biopsie bei Vorliegen eines zunächst als nicht bösartig eingeschätzten Tastbefundes).

2. Die Kenntnis von der Existenz, Anwendbarkeit und Zuverlässigkeit alternativer Untersuchungsmethoden verbunden mit der Kenntnis des sich schließlich darauf ergebenden Befundes (Tumor) sind hinreichend, um auch bei laienhafter Würdigung des Schluss zu ziehen, dass der Tumor bei frühzeitiger Anwendung der Methoden auch eher hätte erkannt und behandelt werden können. Die wertende Kenntnis der Art und des Ausmaßes des Abweichung vom ärztlichen Standard sind demgegenüber für die Frage der Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB unerheblich.
Brandenburgisches OLG, Urt. v. 28.10.2010 - 12 U 30/10

 

WARUM BEDARF ES IM ARZTHAFTUNGSPROZESS REGELMÄSSIG EINES SOGENANNTEN GROBEN BEHANDLUNGSFEHLERS?

Im Arzthaftungsprozess muss der Patient ein Fehlverhalten des Arztes nachweisen. Grobe Behandlungsfehler können jedoch zu einer Beweislastumkehr führen.

Im Arzthaftungsprozess muss der Patient ein Fehlverhalten des Arztes nachweisen. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, den Eintritt eines Gesundheitsschadens und die Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden.

Insbesondere die Kausalität im konkreten Fall nachzuweisen, ist dem Patienten in der Praxis jedoch des Öfteren nicht möglich. Die Rechtsprechung lässt deshalb im Wege richterlicher Rechtsfortbildung eine Beweislastumkehr regelmäßig dann eintreten, wenn dem Arzt nicht nur ein einfacher, sondern ein grober Behandlungsfehler unterlaufen ist. Eine entsprechende gesetzliche Regelung findet sich mittlerweile auch in § 630h Patientenrechtegesetz, das am 26.02.2013 in Kraft getreten ist.

Was ist unter einem groben Behandlungsfehler zu verstehen?

Ein grober Behandlungsfehler liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat. Dieser liegt vor, wenn der Fehler aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass der Arzt gegen das „Fettgedruckte in der Medizin” verstoßen haben muss. Er muss einen Fehler begangen haben, so viele Gerichte, der „einem Examenskandidaten nicht passieren darf”.

Dies zu ermitteln und zu bewerten ist nicht immer einfach. Es erfordert neben der Beziehung von medizinischem Sachverstand in entscheidender Weise die Erfahrung des konsultierten Rechtsanwaltes. Denn letztendlich ist die Frage, ob ein grober Behandlungsfehler im Sinne der Gesetzgebung und Rechtsprechung vorliegt, eine rechtliche und keine medizinische Frage.

Kann auf andere Art und Weise die Beweislast noch umgekehrt werden?

Neben dem groben Behandlungsfehler kann eine mangelnde Dokumentation die Umkehr der Beweislast rechtfertigen. Die Dokumentation des Arztes dient neben medizinischen Zwecken auch der Beweissicherung.

Wann ein Dokumentationsmangel vorliegt, der zu einer Beweislastumkehr führt, ist wiederum abhängig vom Einzelfall. Nicht jeder Dokumentationsmangel zieht die Folge der Beweislastumkehr nach sich.

Beispielsweise muss von einem derartigen Dokumentationsfehler ausgegangen werden, wenn der Arzt bedeutsame Operationsschritte nicht im Operationsbericht erwähnt und eine Dokumentationspflicht nach ärztlichem Standard bestanden hat. Behauptet er gleichwohl die Vornahme des Operationsschrittes sowie das Ausbleiben negativer Erfolgen, hat er dies durch andere Beweismittel – beispielsweise durch Zeugen – zu beweisen. Der Patient wird insoweit von seiner Beweispflicht befreit.